Anno 1970 – congena startet
Spurensuche
50 Jahre congena! Andere Beratungsfirmen mögen in dieser Zeit stärker gewachsen sein, aber die Mehrzahl unserer Mitbewerber hat sich schon im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens wieder aus dem Markt verabschiedet. Wir haben es also geschafft! Nicht immer waren die Zeiten üppig, dafür aber stets anspruchsvoll und auch bei selbstkritischer Betrachtung im Großen und Ganzen recht erfolgreich. Was also hält eine Firma so lange zusammen und am Leben? Ein Keim liegt sicher in der Gründungsidee. Gehen wir also auf die Suche nach Spuren, soweit sie noch sichtbar sind.
Mission impossible – oder?
Die Zahl der gut meinenden Warner war groß, die Warnungen durchaus bedenkenswert. Ob es nicht jugendlicher Leichtsinn sei, so früh die Selbständigkeit zu wagen, ob das Geschäftsmodell denn hinreichend ausgereift, so überhaupt erfolgreich sein könne und schließlich, besonders schwerwiegend, die Bedenken zur geplanten partnerschaftlich-demokratischen Struktur. »Das kann auf Dauer nicht funktionieren«, gaben sich viele Geschäftsfreunde überzeugt. Schlagender Gegenbeweis ist die Tatsache 50-jährigen Bestehens und Funktionierens, das – es sei freimütig zugegeben – nicht durchgehend reibungsfrei und hin und wieder recht anstrengend war. Existentiell war der gemeinsame Glaube an die eigene Stärke: wir werden es gemeinsam schaffen, wachsen in jeder Beziehung, uns schneller weiterentwickeln als die anderen.
Gründerzeit
Ohne Übertreibung, unsere Gründerzeit war fast so bewegend wie die Obama Vorwahlzeit: Optimistisch, engagiert, unkonventionell, sehr diskussionsfreudig und konstruktiv streitbar. Uns einte die Auffassung: wir wollen es anders machen und wir wollen es besser machen. Deshalb verlassen wir unsere Stammfirma und starten völlig neu. Dazu brauchte es Mut, zündende Ideen und die Bereitschaft, sich in zahlreichen Gebieten auf Neuland vorzuwagen. Vieles davon war bei den zehn Gründern vorhanden. »congena hält, was andere versprechen«, so hieß die Leitidee und der nicht eben bescheidene Anspruch. Konkret und in wohltönender Beratersprache formuliert bedeutete es:
- congena als Marke für unbestritten erstklassige Beratungsqualität im Markt zu etablieren,
- die Entwicklung der Leistungsgebiete mit viel Kreativität voranzutreiben,
- jedem Mitarbeiter individuelle Entwicklungsmöglichkeiten bei gleichzeitig hohem Freiheitsgrad einzuräumen und damit
- ein wirkungsvoller Magnet für potentielle Kunden und Bewerber zu werden
Die Bildung der Gründergruppe kam für die Beteiligten eher überraschend. Sie war das Ergebnis eines Soziogramms, einem zu jener Zeit beliebten und eher spielerisch eingesetzten Psychologenwerkzeug: Gefragt wurde, welche Mitarbeiter sich untereinander besonders wertschätzen oder eher weniger. Dieses Wertschätzungsdiagramm ergab klare Konturen für eine Subgruppe und war der entscheidende Beschleuniger zum Start in den Ausstieg. Obwohl eine starke persönliche und inhaltliche Affinität zur Herkunftsfirma bestand, fiel der Weggang aus einer sich fortschrittlich gebenden aber eher ideologielastigen, häufig utopienahen und schon etwas machtverkrusteten Organisationsstruktur nicht allzu schwer.
Im Mittelpunkt der Diskussion vor der Firmengründung stand das gemeinsame Grundgesetz, die Firmensatzung. In seiner juristischen Perfektion ein achtenswertes und bis heute nur wenig verändertes Dokument. Ein gemeinsames Selbstverständnis und eine Firmenphilosophie wurden zwar als relevant erachtet und als Beratungsleistung auch verkauft, waren aber zunächst noch kein zentrales Thema – ein Manko, dass erst mit vielen Anläufen in den Folgejahren nachzuarbeiten war.
Das Startkapital war im wesentlichen das Know-how der Berater aus diversen Organisationsprojekten, insbesondere Bau- und Prozessplanungen, präsentiert anhand einer umfangreichen Referenzliste mit ersten Adressen aus der Bundesrepublik Deutschland, dem europäischen Ausland und den USA!
In der Selbsteinschätzung sahen sich die meisten Gründer als sehr markante, kraftvolle, überzeugte Individualisten mit beraterischem Sendungsbewusstsein und hohem inhaltlichen Anspruch. Sie schufen die Grundlage für einen dynamischen Start und eine beachtliche Innovationsrate einerseits, agierten anderseits auch häufig eher genial, d.h. kreativ-individualistisch, als »congenial« = »ebenbürtig klug« und teamorientiert. Unterschiedliche Standorte wirkten hinderlich für das Zusammenwachsen. Zur eher geringen face to face-Kommunikation kam erschwerend, dass die Mehrzahl der Gründer intensive, starke Sender und gleichzeitig hochempfindliche Empfänger waren. In heutiger Terminologie wäre von einer hohen E-Mail-Sendefrequenz mit größtmöglichem Verteilerkreis die Rede.
Natürlich wurden nicht nur die formelle Satzung, sondern auch die dahinter liegenden Wertvorstellungen intensiv erörtert. Ergebnis war das gemeinsame Bekenntnis zur Abkehr von »überlieferten« und zweifelsfrei diagnostizierten Schwachstellen.
Wichtig war es uns, keine Machtstrukturen zu betonieren, z.B. durch Privilegien für die Gründer, sondern Marschallstäbe für alle, die es verdienen. Das hieß konkret
- Geschäftsführer werden auf begrenzte Zeit gewählt und
- neuer Partner zu gleichem Anteil wird, wer die definierten Leistungs- und Sozialkriterien erfüllt und das Mehrheitsvotum der Altpartner erhält.
Einen hohen Stellenwert hatte auch die Neupositionierung auf dem Markt. Im Kern war es die Abkehr vom präpotenten Allmachts- [wir können fast alles] und Besserwisseranspruch. An seine Stelle sollte die Reduzierung auf unsere Kernkompetenzen und wenige ausgewählte Leistungsgebiete treten. Die Forderung »vertiefen statt verbreitern«, später eleganter formuliert als »Intensivierung statt Extensivierung«, war nicht ohne Weiteres realisierbar und hat noch viele Jahre die strategische Diskussion bestimmt. Hier entstand eine starke Ambivalenz zum zeitweise verfolgten Konzept des »Hausberaters« für alle Beratungsthemen in mittleren Unternehmen. Viele mittelständische und wenig beratererfahrene Unternehmer zogen es vor, alles aus einer Hand zu erhalten, wenn sie einmal Vertrauen zum Berater gefasst hatten. Auch die Gründung von Tochtergesellschaften stand zunächst für den Anspruch, Grundlagen für einen breit gefächerten Beratungsverbund zu legen. Erst die diversen Markteinbrüche haben in der Folgezeit dem Konzept »schlank, fit und kompetent« zum nachhaltigen Durchbruch verholfen. Dazu gehörte auch die »Entideologisierung« des Beratungsanspruchs und die Ausrichtung an den Interessen des Unternehmens und damit nicht nur an denen des Unternehmers bzw. Managers. Weder das Auftreten als Heilsbringer noch die kritiklose Übernahme der Wertvorstellungen des Klienten waren Bestandteil unseres Rollenverständnisses. Angestrebt wurde in diesem Zusammenhang die Rolle des Begleiters, Förderers, Moderators von Wertediskussionen zur Unternehmensethik.
Schwieriger als gedacht erwies sich die Abkehr vom Soziologendeutsch als Planungssprache. Mit ihr ließ sich relativ leicht, wenn auch nicht nachhaltig, Fachautorität herstellen. Das Unternehmen nunmehr als »soziotechnisches System zu betrachten, dessen Komplexität zu reduzieren ist, indem prägnante Hypothesen aufzustellen und gegebenenfalls zu falsifizieren sind«, war natürlich völlig richtig, aber eben nicht für jeden verständlich. Die Kritik wohlwollender Kunden hat uns hier schnell zu einer verstehbaren Sprache geführt. Kleinere Rückfälle ins Dogmatisch-Missionarische blieben bei selbstkritischer Betrachtung nicht aus. Gelegentlich gab es noch Anleihen beim 68er-Gedankengut. Der Vortrag »Hierarchie als Relikt autoritärer Herrschaftselemente« vor einem Kreis zukünftiger Vorstandsmitglieder stieß auf nur geringe, also eigentlich gar keine Zustimmung bei den Angesprochenen und begrenzte das Akquisitionspotential spürbar.
Vertrauen
Vertrauen und Verlässlichkeit, das war allen Beteiligten von Anfang an klar, ist unser wichtigstes Grundkapital. Und zwar in zweierlei Beziehung: als selbstverständlicher Anspruch im Verhältnis zu unseren Kunden und, ebenfalls von hohem Stellenwert, als Grundlage und ständige Herausforderung für das Verhältnis untereinander. Hier waren viele Frontlinien aufzuweichen, potentielle Konfliktfelder wahrzunehmen und unter möglichst geringen Reibungsverlusten zu entschärfen. Als besonders brisant erwiesen sich drei Konfliktfelder:
- Gründer, die eine Rendite für ihr hohes persönliches Risiko erwarteten versus Nachwuchsberater, die sich ins gemachte Netz setzen wollten und die energisch die partnerschaftlichen Versprechungen einforderten.
- Männliche Berater [und nur die gab es zur Gründerzeit!] mit hohem Anspruch ans Back office versus Sekretariatsmitarbeiterinnen [!], die selbst gestalten, mitreden und sich behaupten wollten.
- Berater, deren Expansionsdrang weit über den deutschsprachigen Markt hinaus ging versus »Realos«, die sich zunächst im heimischen Markt etablieren wollten.
Wie fast alles zur Gründerzeit wurden auch diese Konfliktlinien mit viel Verve angegangen: So zogen 15 congena Mitarbeiter für fünf Tage zur Klausur in einen klostergleichen Ort. Zur Leitung engagiert war ein gruppendynamischer Trainer. Der hatte ein passendes Referenzprojekt vorzuweisen: die drastische Senkung der Mordquote unter Fischern in einem skandinavischen Dorf. Das Ergebnis war von hohem analytischem Wert und hat viel verborgene Spannungen ans Licht gebracht. Auch ein Soziogramm musste wieder zur Beziehungsklärung herhalten. Die Fluktuationsquote erhöhte sich zwar als Folge dieser Übung. Der Trainer bewertete das als reinigendes Gewitter, das ohnehin fällig gewesen wäre.
In den Folgejahren war der Vertrauensaufbau in der Beziehung zu unseren Kunden eine uneingeschränkte Erfolgsstory. Intern wurde die für die Vertrauenssicherung notwendige Akzeptanz der Unterschiedlichkeit nur begrenzt erreicht. Nach und nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass die unterschiedlichen Stärken sich durchaus sinnvoll ergänzen können. So führte der Mix aus »intellektuellen Visionären« und «handlungsorientierten Pragmatikern« zu äußerst ansprechenden Präsentationen vor erlauchten [heute Dax-]Gremien. Intern ließ die mögliche Synergie zu wünschen übrig. Zur konstruktiven Zusammenführung der mit einem starken Ego ausgestatteten Gründer fehlte der allseits akzeptierte Moderator.
Auch wenn insgesamt viel Zeit und Energie in die Offenlegung und Klärung der internen Beziehungen geflossen ist, hat sich der Aufwand für eine »congena Vertrauensorganisation« gelohnt. Die Grundwerte Vertrauen, offene Kommunikation, Verzicht auf egoistisches Anspruchsdenken, hoher individueller Freiheitsspielraum und transparente Kontrolle haben sich letztlich durchgesetzt und somit die Grundlage für den langfristigen Fortbestand und die Weiterentwicklung des Unternehmens gelegt. Der schmerzliche Preis bestand im Ausscheiden derjenigen Gründungspartner, die diese Grundwerte nicht voll mitragen konnten und wollten.
Partner werden ist schon schwer…
Auch wenn wir versucht haben, jedem Newcomer die Anforderungen des Beraterjobs im allgemeinen und der congena Herausforderungen im besonderen deutlich zu machen, ist vielen Mitarbeitern erst im praktischen Alltag deutlich geworden, wie komplex und anstrengend die geforderten Leistungen tatsächlich sind. In den ersten Jahren haben im Durchschnitt von vier »Neuen« zwei die Probezeit überstanden und einer ist Partner geworden. Ein Ergebnis, das auf den ersten Blick zwar hart aussieht, aber sowohl ein Spiegelbild der rigorosen Kundenanforderungen darstellte, als auch der Unterschätzung der beruflichen Herausforderungen geschuldet war.
Spannend erwies sich der durchgehend zu beobachtende rigorose Mentalitätswechsel nach der Partnerwerdung. Aus dem für seine Rechte eintretenden Angestellten wurde über Nacht der mitentscheidende Unternehmer. Gehälter wurden vom Einkommens- zum Kostenfaktor.
Die zur Gründung getroffene Entscheidung, Partner zu gleichen Anteilen zu schaffen, erwies sich für die Entscheidungsfindung hin und wieder als recht hinderlich. Die Tücken einer auf Konsens abzielenden Diskussionskultur traten besonders beim Umgang mit Unterschieden hervor. Wie gehen wir um mit unterschiedlicher Leistung, Qualifikation, Bezahlung?
Von einem externen Berater wurden wir auf den grundlegenden Zwiespalt hingewiesen: »die Etablierten erwarten Leistung, Sicherheit, Anpassung, die Nichtkonformen erwarten Gleichheit, Durchschaubarkeit, Gerechtigkeit«. Die unterschiedlichen Auffassungen zu Gleichheit und Gerechtigkeit und die daraus abzuleitenden Konsequenzen begleiteten uns mit unterschiedlicher Intensität viele Jahre.
Die Annahme langfristig gleicher bzw. sich ausgleichender Leistung, gleichen Engagements erwies sich schließlich nach überwiegender Meinung als Irrtum. Die Korrektur in Form eines leistungsorientierten Bezahlungssystems ohne Aufgabe des partnerschaftlichen Prinzips erreicht zu haben, war sicher eine interne »Hochleistung«.
Auch der Versuchung, allzu langwierige Konsensfindungsprozesse durch Berufung von klaren Entscheidungsautoritäten abzukürzen, wurde erfolgreich widerstanden. Das antiautoritäre Gedankengut einiger Gründer blieb noch lange Zeit erhalten.
Der Markt entscheidet: Die Leistungspalette
Als Newcomer auf dem Beratungsmarkt steckten wir viel Mühe in die Kreation eines herausragenden Leistungs- und Alleinstellungsmerkmals, nach damaliger Lesart »USP = unique selling proposition« genannt. Wie sollten wir uns unterscheiden von den eher traditionell aufgestellten deutschen und den zu dieser Zeit schon sehr professionell auftretenden amerikanischen Mitbewerbern?
Attraktiv für unsere Auftraggeber war die inhaltlich offene, methodisch sehr strukturierte Vorgehensweise, die nicht Ergebnisse vorwegnahm oder gar Gefälligkeitsergebnisse erzeugte, sondern mit einer Vielfalt von Planungsinstrumenten zu teilweise spekulativ neuen Konzepten führte. Auch die volle Einbeziehung der Führungskräfte und Mitarbeiter des Unternehmens in Arbeits-, Diskussions-, Informations- und Entscheidungsprozesse war Anfang der 70er Jahre noch keineswegs die Norm, sondern eher ungewohnt. Mit dieser Beratungsphilosophie konnten die vorliegenden Erfahrungen aus Beratungsprojekten, z.B. den für deutsche und US-amerikanische Firmen geplanten Bürolandschaften und den zahlreichen Prozessoptimierungen [vulgo: Auftragsabwicklung] genutzt werden, um teilweise spektakulär neue Ansätze zu entwickeln. Hierbei haben sich drei Verfahren zur Entwicklung eines Beratungsprodukts bewährt.
Genesis 1
Das Unternehmen fasst Vertrauen zur congena aufgrund erfolgreicher Projekte im bewährten Leistungsspektrum und bietet in einem mit viel Freiraum ausgestatteten Projekt, z.B. »die Organisation ist auf die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten«, die Chance, grundlegendes Neuland zu betreten. Auf dieser Basis sind z.B. hochinnovative Projekte zur Managementeffizienz [»was tun eigentlich unsere Führungskräfte und was sollten sie tun?«] zur Standardisierung von F&E-Prozessen [Organisation hochkomplexer Prozesse] und zur Strukturierung von Werbeagenturen [Organisation von kreativen Prozessen] entstanden.
Genesis 2
Auf vielen Beratungsgebieten entsteht ein massiver Innovationsdruck, weil sich das Wissen auf Kundenseite weiterentwickelt. Das verlangt vom Berater neuartige Problemlösungen, die im Hause des Kunden nicht oder noch nicht erbracht werden können. So führte die Forderung von Kunden, die eigenen Beratungsergebnisse im Unternehmen umzusetzen, zur Entwicklung des congena Leistungsgebiets Training. Mittlerweile haben viele Firmen ihre eigenen Trainingsabteilungen aufgebaut und kaufen jetzt nur noch die Ausbildung der Trainer extern ein. Auch die Einzelberatung von Führungskräften hat sich unter dem Eindruck einer anspruchsvolleren Nachfrage auf immer höheres Niveau begeben. Zu Beginn als Hilfe zum persönlichen Life Styling deklariert, entstand in einem weiteren Schritt das populäre Coaching mit einer fast unermesslichen Zahl von Mitbewerbern, um in der nächsten Entwicklungstufe zum »Train the Coach«, also der Befähigung der Führungskräfte zum Coachen ihrer Mitarbeiter, zu mutieren. Neue Leistungsgebiete sind aber nicht nur im Rahmen von Kundenprojekten und konkreten Kundenanforderungen entstanden.
Genesis 3
Im congena Labor wurden durch eine Synthese aus Projekterfahrungen, Beratung durch externe Wissenschaftler und intensives Studium einschlägiger Literatur neue Angebote entwickelt und auf Managementsymposien und -seminaren vorgestellt. Erfolgreichstes Beispiel ist die Strategieplanung, die insbesondere im Bankenbereich über Jahrzehnte zum Kernangebot gehörte. Natürlich gab es auch Krisenzeiten, in denen der Mut zu Innovationen nachließ und in denen überwiegend Einsparungsideen nachgefragt wurden. Hier hat sich die congena Philosophie als stabil erwiesen. Der Versuchung, ein Leistungsgebiet »Kostensenkungs- und Rationalisierungsberatung« aufzubauen, wie viele andere es taten, wurde nicht nachgegeben. Der Grundidee, Arbeitsplätze zu erhalten, zu schaffen und kreativ zu gestalten ist congena treu geblieben.
Entwicklungspfade
Ein herausragendes Merkmal der congena war und ist die Bereitschaft, sich mit dem Erreichten nicht zufrieden zu geben, es permanent und oft auch grundsätzlich in Frage zu stellen und ständig weiter zu entwickeln. Als Beispiel dafür sei das Partnerschaftsmodell genannt.
Wider Erwarten vieler congena Freunde und congena Mitbewerber hat das Partnerschaftsmodell seine Bewährungsprobe im Großen und Ganzen bestanden. Die Kernelemente sind weitgehend erhalten geblieben und haben insbesondere im Beratungssektor viele Nachahmer gefunden, auch wenn sie meist mit ungleichen Anteilen und Senioritätsprivilegien konstituiert sind. Auch die Institution der gewählten Geschäftsführung, die in der Branche seltener anzutreffen ist, hat sich bewährt.
Natürlich war das Partnermodell keineswegs konfliktfrei. Das freiwillige Ausscheiden war juristisch und finanziell klar geregelt und verlief deshalb im Normalfall reibungslos. Schwieriger war der Umgang mit Partnern, die in ihrer Entwicklung stagnierten und so von Outperformern zu Underperformern geworden waren. Als einziges Mittel hat sich hier der Gruppendruck erwiesen, ein wirksames aber auch ein zeitaufwendiges und nerviges Instrument.
Mit der Wahl der Geschäftsführung im zweijährigen Turnus sollte ursprünglich einer Verkrustung von Machtstrukturen vorgebeugt werden. In der Praxis hat sich dann gezeigt, dass Kontinuität und Stabilität von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind. Die Folge war eine relativ geringe Fluktuation in der Positionsbesetzung. Die Frage, ob die congena nicht trotz allem Anschein ein hierarchisch geführtes Unternehmen ist, muss wohl jede Generation neu und für sich beantworten. Erfahrungsgemäß wird sie von Partnern einerseits und [Noch-]Nichtpartnern anderseits stets unterschiedlich bewertet.
Worauf es ankommen wird
Zwei Pfeiler des Gründungsgedanken sind stabil geblieben und bedürfen liebevoller Pflege und vorbeugender Instandhaltung: die Sicherung permanenter Innovation des Leistungsangebots und die wahrscheinlich in Zukunft noch höher zu priorisierende Förderung des Wertebewusstseins aller »congenialen«.
Ohne Zweifel sind Umsatzdruck und das Streben nach kurzfristigen Erfolgen wirksame Innovationsbarrieren. Innovation hat als Grundvoraussetzung die Schaffung eines Innovationsklimas, das neuartige Ansätze und Experimente zulässt und fördert. Und es gehört der Mut dazu, querdenkende Köpfe aufzunehmen und ihnen Freiraum zuzugestehen. Die Erhaltung und ständige Erneuerung der innovativen Energie wird sicher einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren für die Zukunft der congena sein. Untrennbar verbunden mit der Innovationssicherung ist die Pflege des Wertegefüges. Dass Wirtschaft Werte braucht um langfristig zu überleben, ist mittlerweile Allgemeingut. Der Entwicklung von gemeinsamen Wertvorstellungen wurde in der congena seit Mitte der 70er Jahre aktiv betrieben und im immer wieder aktualisierten Leitbild dokumentiert. Die Erfahrungen aus elegant formulierten Leitbildhochglanzbroschüren zahlreicher Unternehmen machen aber wegen ihrer geringen Nachhaltigkeit eher nachdenklich. Häufig werden sie nur noch für Bewerber und Besucher aus dem Archiv geholt.
Für die congena der Zukunft sind die Schlussfolgerungen klar. Die Fragen der internen Zusammenarbeit und des Zusammenhalts müssen von jeder Generation wieder neu diskutiert und entschieden werden. Was müssen wir tun, um:
- das Vertrauen in unserer Organisation auszubauen und Vertrauen zu sichern,
- Akzeptanz und Wertschätzung explizit und deutlich zu vermitteln,
- die Gerechtigkeit bei der Verteilung des Arbeitseinsatzes und der Honorierung der Arbeitsleistung zu steigern,
- eine offene und sanktionsfreie Kommunikationskultur zu ermöglichen, die Weiterentwicklung aller Mitarbeiter aktiv zu unterstützen,
- Neuen und Neuem eine reelle Chance einzuräumen und so Innovation sicherzustellen?
Wenn diese Diskussion ehrlich und kontinuierlich geführt wird, sind die nächsten 50 Jahre keine Utopie.
Fotos und Abbildungen: congena GmbH